Quietschfidele Fahrzeuge
Bei der Tram entsteht Schienenlärm durch Kontakt zwischen den Rädern des Fahrzeuges und der Schiene, auf der sie unterwegs ist.
Ein Grund für Fahrgeräusche liegt häufig an einem der drei folgenden Faktoren: Geschwindigkeit, Verschleiß und Radius des Rades. In Kombination mit:
- Schwingungen bei Weichenanlagen
- Gleisanlagen mit bereits langer Nutzungszeit
- Fahrzeuge mit bereits langer Nutzungszeit
Aber auch witterungsbedingt kann das Quietschen oftmals verstärkt werden oder gar erst entstehen. Gründe hierfür sind sowohl Hitze, Regen, als auch Kälte.
Bei der U-Bahn, die unterschiedliche Profile hat, ist es wie folgt. Das auch als „Kurvenquietschen“ und „Kurvenkreischen“ bekannte Symptom ist eine rein physikalische Begleiterscheinung des Schienenverkehrs, die nur in Kurven mit einem großen Radius (Nerd-Wissen: Gleisbögen mit Radien r < 500 m) auftreten kann. Ursache dafür ist, dass die beiden Räder eines Radsatzes über eine Achse starr miteinander verbunden sind (Nerd-Wissen: eine technische Lösung [Differential] ist wie z.B. beim Auto nicht vorhanden).
In großen Kurven hat dieses zur Folge, dass beide Räder die gleiche Geschwindigkeit haben. Bei einer Umdrehung wollen die Räder jedoch den gleichen Weg zurücklegen, allerdings sind die Wege auf der inneren und der äußeren Schiene unterschiedlich lang, somit können die Räder nicht mehr rollen, sondern müssen in eine Gleitbewegung übergehen. Dieser Vorgang wiederholt sich in sehr kurzen Zeitabständen. Der ständige Wechsel zwischen Rollen und Gleiten versetzt die Radscheiben und die Schienen in Schwingungen. Die Schwingungen liegen in einem hörbaren, sehr unangenehmen Frequenzbereich und „kreischen“. Unangenehm, aber leider nicht wirklich zu ändern.
Kann denn gar nichts getan werden?
Die BVG arbeitet derzeit an einer technischen Lösung, das Kurvenquietschen unabhängig von der Wetterlage deutlich zu reduzieren. Bei den an den Fahrzeugen angebrachten Laufflächenkonditionierungen (Lauffläche = die Sohle eines Rades) wird ein Lösungsfilm aka umweltfreundliche „Seife“ auf die Laufflächen der Räder aufgetragen. Bei dieser technischen Lösung wird das Kurvenquietschen spürbar verringert. Ähnlich wie mit Spülmittel in den Scharnieren einer knarzenden Tür – hält leider nicht ewig, aber wirkt gut für den Moment.
Abseits der Fahrzeuge wird selbstverständlich auch im Bereich der Fahrstrecken einiges getan. Im Gleisbett werden elastisch gelagerte Gleise eingebaut. Ein wichtiger Bestandteil bei neuen Straßenbahnstrecken ist die Verwendung von Grünflächen, auch Grüngleise genannt. Grüngleise werden aber nicht nur beim Bau neuer Strecken, sondern auch auf fast allen bereits bestehenden Gleisbetten (Nerd-Wissen: Bahnkörperstrecken), bei Grundinstandsetzungen nachträglich eingebaut. Voraussetzung ist allerdings ein vom Autoverkehr abgegrenzter Bereich der Straßenbahn (Achtung Nerd-Wissen: in Fachkreisen auch ein „besonderer“ oder „unabhängiger Bahnkörper“ genannt).
Die Grüngleise haben nicht nur einen optischen und akustischen Effekt (Reduzierung des Luftschalls und damit aktiver Lärmschutz). Sie bieten zusätzlich eine Anhebung der Luftfeuchtigkeit und Luftreinigung und haben einen positiven Einfluss auf das Stadtklima. Derzeit sind wir in Berlin aktuell bei knapp 350 Tsd. m2 Grüngleise, Tendenz: Steigend.
Im Bereich U-Bahn werden bei Erneuerungen und Neubau von Weichenanlagen im Tunnel, Unterschottermatten zur Verringerung der Erschütterungen eingebaut. Ebenso bei der Erneuerung von Brückenbauwerken. Als erfolgreiche Gegenmaßnahme zur Dämpfung der Schwingungen sind bei der BVG sämtliche U-Bahn Fahrzeuge mit Schallabsorbern an den Radscheiben ausgerüstet. Die Spurkränze der Radsätze werden mittels der Spurkranzschmierung geschmiert – also auch hier werden wieder Fahrzeuge eingeseift.
Allgemein wird auch auf die Wahl der Gleis- und Fahrzeugkonstruktion geachtet. Wenn es die rechtlichen Rahmenbedingungen erfordern, werden außerdem Schallschutzmaßnahmen an Gebäuden angebracht. Grüngleise sind bei der U-Bahn leider keine Option, dafür werden die Gleisbetten mit Schottersteinen ausgestattet. Diese helfen die Übertragung von Schienenlärm und Vibrationen auf die Umgebung zu reduzieren. Dies ist besonders wichtig in städtischen Gebieten, um die Auswirkungen des Schienenverkehrs auf die Anwohnenden zu minimieren. Weiterhin dienen sie dazu, die Gleise zu stabilisieren und eine feste Unterlage für die Schienen zu bieten. Sie verteilen das Gewicht der Züge gleichmäßig und verhindern, dass die Schienen in den Boden einsinken oder sich bewegen.
Grundsätzlich ist es nicht möglich, die Fahrgeräusche unserer Fahrzeuge völlig abzustellen. Das trockene Wetter der letzten Jahre hat die Entstehung von Geräuschen zusätzlich noch begünstigt. Aber wie beschrieben wird nicht nur an bestehenden Dingen nachjustiert, sondern bei der zukünftigen Fahrzeugausstattung und den Streckenausbauten das Thema Lärmreduzierung mit bedacht. Einiges davon sogar mit einem grünen Nebeneffekt.