"Baby, it's cold outside"

Warum der Berliner Winter nicht für alle Wonderland ist.

Die Tage sind kurz, die Nächte sind lang. Abends trinken wir heiße Schokolade oder Tee, morgens fluchen wir, wenn wir ins nasskalte Wetter müssen. Frost, Schneeregen und niedrige Temperaturen bestimmen unseren Alltag: Der Winter in der Hauptstadt zeigt sich wie jedes Jahr von seiner Glanzseite. Aber für manche von uns ist das nicht nur irgendwie ein bisschen unangenehm, sondern eine echte Herausforderung.

Besonders die Berliner*innen, die kein Dach über dem Kopf haben, benötigen in der dunklen Jahreszeit Schutz und Wärme. Doch was können hilfebedürftige Menschen tun? Welche Hilfeleistungen hält Berlin für obdachlose Mitmenschen bereit und wie kann für sie ein Winter in einer sicheren Unterkunft, mit warmen Mahlzeiten, Kleidung und Decken gewährleistet werden? Und was tun wir als BVG in Bezug auf das Thema Kältehilfe?

Zahlen zur Orientierung

Laut Schätzungen der Wohlfahrtsverbände leben momentan zwischen 6.000 und 10.000 Menschen ohne festen Wohnsitz und daher zumeist auf den Straßen von Berlin. Eine offizielle Statistik zu aktuellen Zahlen gibt es derzeit (noch) nicht. Glücklicherweise bietet die Hauptstadt wohnungslosen Mitbürger*innen zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten an, um den Winter warm und sicher zu überstehen. Viele Hilfsorganisationen bieten einen Platz zum Aufwärmen und medizinische Versorgung, die aufgrund der Kälte während der Wintermonate besonders notwendig wird.

Die Berliner Kälte- und Obdachlosenhilfe

Unsere Gesellschaft lebt von einem sozialen Miteinander. Und dieses soziale Miteinander zeigt sich am Umgang mit den Menschen, die gesellschaftlich am schwächsten gestellt sind. Zahlreiche Organisationen nehmen sich in der Hauptstadt diesem Thema an. Zwei davon, stellen wir kurz vor:

Die Berliner Kältehilfe besteht seit 1989 und wurde von Wohlfahrtsverbänden, Berliner Kirchengemeinden und der Senatsverwaltung (damals Gesundheit und Soziales) gegründet. Ihre Mission: Wohnungslose Menschen ganz unbürokratisch in der kalten Jahreszeit zu unterstützen und ihnen ein Dach über dem Kopf zu vermitteln. Viele Kirchengemeinden, Verbände, Vereine und Initiativen unterstützen die Berliner Kältehilfe mit eigenen Angeboten (z.B. Suppenküchen, Nachtcafés, Kältebusse etc.). Hierzu zählen zum Beispiel auch die Johanniter.

Eine weitere Organisation ist die Berliner Obdachlosenhilfe e.V.. Dieser gemeinnützige Verein unternimmt nun seit zehn Jahren wöchentlich mehrere Touren, um obdachlose Mitmenschen unter anderem mit Mahlzeiten, Kaffee, Tee, Kleidung, Schlafsäcken und Isomatten zu versorgen. Es werden verschiedene Plätze in Berlin angefahren, besonders Bezirke wie Kreuzberg oder Mitte.

Die Kältehilfe und die BVG: Was tun wir?

Derzeit informieren wir unsere Mitbürger*innen ohne festen Wohnsitz mit Plakaten in unseren Bahnhöfen über Hilfsangebote. Diese Plakate fallen direkt ins Auge. Sie bieten Informationen über Notunterkünfte und geben Details über deren Kapazitäten der Schlafplätze, Adressen, Telefonnummern und Öffnungszeiten. Die Informationen sind in mehreren Sprachen aufgelistet und werden zudem durch unser speziell geschultes Personal, abseits des regulären Sicherheitspersonals, weitergetragen. Die Mitbürger*innen werden dann direkt von unserem Personal angesprochen und mit den nötigen Informationen versorgt.
Wir informieren ebenso über das Angebot der Berliner Sozialverwaltung für obdachlose Menschen. Das tun wir online auf unserer Website, über Social Media, sowie vor Ort.

Warum gibt es keine Kältebahnhöfe mehr?

Aus Sicherheitsgründen können wir keine Bahnhöfe als Bleibe über Nacht zur Verfügung stellen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen können wir in unseren Bahnhöfen keine flächendeckende Betreuung anbieten. Sollte es zu Unfällen kommen, kann daher nicht rechtzeitig Hilfe geleistet werden. Zum anderen finden auch in der Nacht nach Betriebsschluss U-Bahn-Fahrten statt. Das sind größtenteils Überführungs- und Arbeitsfahrten, die in der Fahrgastinfo nicht angezeigt werden und somit eine Gefahr darstellen. Muss ein Zug beispielsweise in die Werkstatt, passiert das nachts. Unsere U-Bahn-Fahrzeuge stehen nicht still und fahren rund um die Uhr. Insgesamt ist es schlichtweg zu gefährlich, hilfebedürftigen Menschen allein in den Bahnhöfen, mit offenem Zugang auf die Schienen, übernachten zu lassen. Leider bewies die Vergangenheit, dass die Sicherheit in sogenannten Kältebahnhöfen nicht garantiert werden kann – das mussten wir gemeinsam mit den zuständigen Senatsverwaltungen und auch Sozialverbänden entscheiden.

Reagieren in Notsituationen: Wann und wie kann ich helfen?

Wir als BVG möchten euch informieren und sensibilisieren, euren Mitmenschen zu helfen – und aufmerksamer und präsenter in den Wintermonaten unterwegs zu sein. Bei bis zu 10.000 Menschen in Berlin, die im Freien schlafen, ist es wichtig zu wissen, wie wir uns in Notsituationen verhalten sollten.

Zunächst gilt: Macht ihr euch Sorgen um eine hilfebedürftige Person, sprecht sie direkt an. Bietet ihr ggf. etwas zu Essen oder zu Trinken an, oder bietet an weitere Hilfe zu holen, zum Beispiel einen Krankenwagen – das aber nie gegen den Wunsch der Person, um die ihr euch Sorgen macht. Hilfe könnt ihr jederzeit über unsere Informations- und Notrufsäule anfordern. Wartet dann gemeinsam mit der Person, bis die gewünschte Unterstützung eintrifft. Wenn hilfebedürftige Personen nicht wissen, wo sie die Nacht verbringen sollen, wählt gerne die Nummern auf unseren Plakaten. Dort findet ihr beispielsweise auch die Telefonnummern der Kältebusse oder Suppenküchen in Berlin.

Sollte eine Person nicht ansprechbar sein und sich in einer Gefahrensituation befinden, sind wir generell verpflichtet, Hilfe zu holen – denn wer absichtlich wegschaut, kann sich möglicherweise strafbar machen. Also – seid achtsam und sensibilisiert ebenso die Mitmenschen in eurem Umfeld.

Plakat mit Hinweisen zu Schlafplaetzen in kalten Naechten wie Notunterkuenfte und Anlaufstellen. Informationen und Telefonnummern sowie ein QR Code für eine schnelle Hilfe in zwei Sprachen, Englisch und Deutsch.