Als Berliner*in ist man unfreiwillig viele Verkehrseinschränkungen durch regelmäßige Großveranstaltungen im Sport- und Kulturbereich, wie Karneval, Marathon etc., gewöhnt.
Hinzu kommen immer mehr Demonstrationen und Kundgebungen und das nicht ohne Grund. Nicht nur die Bevölkerung nimmt zu, sondern auch die Komplexität der Welt und bei manchen Menschen der Unmut. Trotz des digitalen Zeitalters und der damit verbundenen Debatten im Netz, ist Jahr für Jahr ein deutliches Wachstum von Demonstrationen und Kundgebungen zu verzeichnen. Mehr als 500 Demonstrationen finden mittlerweile monatlich in der Hauptstadt statt. Rein rechnerisch sind das etwa 17 Demonstrationen pro Tag. Laut Artikel 8 des Grundgesetzes wird das Recht, zu demonstrieren, garantiert. Garantiert ist es aber auch keine leichte Aufgabe, der sich die BVG stellen muss. Da Demonstrant*innen nicht nur gehört, sondern auch gesehen werden wollen, finden Demos häufig an prominenten und öffentlich wirksamen Stellen statt, am besten mitten in der Innenstadt. Somit ist der ÖPNV häufig unfreiwillig Teil einer Demo, denn besagte Orte sind auch häufig vom ÖPNV stark befahrene Strecken oder Ziele. Beispiele sind Unter den Linden, der Kurfürstendamm, alles rund ums Regierungsviertel, Frankfurter Allee, vom Alexanderplatz bis zum Pariser Platz etc.
Demo und Mobilität erfordert Flexibilität
Möchte nun jemand eine Demonstration starten, muss diese mindestens 48 Stunden vorher bei der Polizei angemeldet werden. Ist die Anmeldung erfolgt, erhalten wir von der Polizei diese Information samt aller benötigten Daten (Datum, Uhrzeit, geplante Teilnehmendenzahl, Streckenverlauf etc.). Bei uns in der BVG kümmert sich ein*e Veranstaltungskoordinator*in, gemeinsam mit dem je nach Streckenverlauf der Demonstration betroffenen Bereich (Omnibus/ Straßenbahn) um die genaue Planung. Es wird anhand des geplanten Streckenverlaufes geschaut, welche Linien betroffen sind und entsprechende Umleitungen ausgetüftelt. Oberste Priorität bei der Planung ist die Sicherheit der Mitfahrenden, denn diese sollen nicht unfreiwillig ins Geschehen der Demo involviert werden.
Bei Demonstrationen mit extremen Gruppierungen oder Ansichten gibt es häufig Gegendemonstrationen, die parallel zur eigentlichen Demo zusätzliche Straßenabschnitte lahmlegen. Je nach Größe einer Demonstration werden seitens der BVG die Verkehrsmeister*innen hinzugezogen. Sie sind quasi unsere Mittelsleute vor Ort. Steht bereits fest, dass es sich um eine größere Demonstration oder um Gruppen mit einem extremen Ausmaß handelt, ist häufig auch ein Wasserwerfer der Polizei vor Ort. Sollte dieser zum Einsatz kommen, müssen die Verkehrsmeister*innen den Strom abstellen. Stromausfall bedeutet dabei stets auch ein Komplettausfall für unseren Betrieb, wobei hier nie klar ist, wie lange dieser andauert. Die Verkehrsmeister*innen sind mit voller Konzentration von Anfang an dabei. Sie müssen den kompletten Ablauf beobachten.
Selbst bei geplanten Demos und den entsprechenden Vorkehrungen der BVG mit Streckenumleitung ist manchmal nicht klar, ob die Demo ihre geplante Strecke beibehält oder ob Demonstrant*innen in andere Richtungen ausströmen. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein:
- entweder entscheiden die Anmeldenden bzw. Leitenden der Demo eine spontane Umlegung der geplanten Strecke
- oder die Polizei sorgt für eine Umleitung.
Durch solche Abweichungen können die ausgetüftelten Umleitungen und Planungen unsererseits schon im Vorfeld hinfällig werden. Ist dies der Fall, melden die Verkehrsmeister*innen den neuesten Stand unverzüglich der zuständigen Leitstelle (Omnibus, Straßenbahn oder U-Bahn), damit diese die Neuigkeiten schnellstmöglich dem Kundendialog-Team mitteilt, damit dieses wiederum unsere Mitfahrenden über die Neuerungen nach Nachfrage informieren kann.
Es gibt beliebte Demonstrationsstrecken, die wenig bis keine Ausweichmöglichkeiten bieten. Beispiele hierfür sind unter anderem die Straßen rund um den Mariannenplatz in Kreuzberg oder die Boxhagener Straße, Revaler Straße, Warschauer Straße und die Frankfurter Allee in Friedrichshain. In Neukölln sehr beliebt und bevorzugt ist der Start einer Demo am Hermannplatz und dann über den Kottbusser Damm hinunter bis nach Kreuzberg. Wie auch im Artikel Einsatzplanung erwähnt, können Busse auf bestimmten Strecken aufgrund ihrer Größe und den Straßengegebenheiten nicht fahren. Also sind die Optionen auf Umleitungen oftmals begrenzt und somit kann es durch bestimmte Demonstrationen zeit- oder streckenweise zum Stillstand kommen.
Sehr selten, aber hin und wieder auch von Demonstrationen betroffen, ist die U-Bahn. Das U-Bahn-Netz verläuft sowohl unter-, als auch oberirdisch im eigenen System und sollte somit eigentlich nicht von Demonstrationen beeinträchtigt sein. Nun kommt es jedoch vor, dass die Route einer Demonstration an U-Bahneingängen sowie -ausgängen verläuft und die Polizei diese dann absperrt. In diesen Fällen ist für einen begrenzten Zeitraum dann kein Zugang zu den U-Bahnen gewährleistet und Mitfahrende können die Züge für den Moment nicht wie gewohnt nutzen.
Fazit
Motiviert, wie ein Großteil der Demonstrant*innen auch, versuchen wir als BVG uns nicht einfach mit dem Ist-Zustand zufriedenzugeben. Auch wir haben eine Mission! Und zwar unsere Mitfahrenden sicher und pünktlich von A nach B zu bringen. Auch wenn dies öfter aufgrund von nicht zu beeinflussenden Faktoren schwierig ist, gehen auch wir auf die Straßen und geben unser Bestes – Tag für Tag.